Leonie Altorfer
Kantonsrätin JUSO
An den Regierungsrat
des Kanton Schaffhausen
Beckenstube 7
8200 Schaffhausen
15.02.2025, Schaffhausen
Kleine Anfrage
Wiedereröffnung eines Frauenhauses in Schaffhausen
Die Schliessung des Schaffhauser Frauenhauses beziehungsweise der
Frauenwohnung ist nun über zehn Jahre her. Kürzlich kritisierte die Zürcher
Regierung benachbarte Kantone, denn 40 Prozent der Schutzbedürftigen in Zürcher
Frauenhäusern stammen aus anderen Kantonen. Die Zürcher Regierung fordert die
Kantone auf, Verantwortung zu übernehmen. National ist die Lage für
gewaltbetroffene Frauen prekär: Frauenhäuser sind überlastet und das schweizweite
Angebot sollte vervierfacht werden.1 Die Istanbul-Konvention empfiehlt pro 10'000
Einwohnerinnen und Einwohner ein Familienzimmer, folglich sollte der Kanton
Schaffhausen mindestens acht Familienzimmer zur Verfügung stellen. Zum
Vergleich: Das Frauenhaus Violetta in Zürich stellt 24 Betten bereit.
Aufgrund der chronischen Überbelastung werden Frauen teilweise in Hotels
untergebracht, obwohl diese die Sicherheitsstandards nicht erfüllen. Eine Zürcherin
wurde beispielsweise im Tessin untergebracht, weil alle Plätze im Kanton Zürich und
in den umliegenden Nachbarkantonen belegt waren. Für Gewaltbetroffene kann es
in gewissen Fällen Sinn ergeben, wenn sie weiter weg platziert werden. Dennoch ist
es für viele Frauen schlecht, weit weg vom Wohnort untergebracht zu werden,
insbesondere wenn sie schulpflichtige Kinder haben.
Um dem entgegenzuwirken, plädiert die Leiterin der kantonalen Opferhilfestelle in
Zürich dafür, dass man eine überkantonale, koordinierte Angebotsplanung anstrebt
und ein nachhaltiges Finanzierungsmodell findet. Vor dem Hintergrund, dass
Schaffhausen seit mehr als zehn Jahren von der interkantonalen Solidarität profitiert,
und die Lage nun sehr angespannt ist, national, aber auch in den einzelnen
Kantonen, stellt sich die Frage, ob der Zeitpunkt gekommen ist, etwas
zurückzugeben.
Deshalb bitte ich die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:
- Hat der Regierungsrat die Kritik des Kantons Zürich wahrgenommen und entsprechende (Sofort-)Massnahmen ergriffen? Falls ja, welche? Falls nein, warum nicht?
- Wie positioniert sich der Regierungsrat zu einer übernationalen, koordinierten Angebotsplanung? Welche Schritte diesbezüglich sind notwendig und vonseiten Regierungsrat beabsichtigt zu gehen?
- Welche konkreten Gründe haben 2013 zur Schliessung des Frauenhauses geführt? Ich bitte um eine Aufzählung der Gründe.
- Wie schätzt die Regierung den aktuellen Bedarf (auch im interkantonalen/nationalen Kontext) eines professionell betriebenen Frauenhauses in Schaffhausen ein? Ist die Regierung bereit, diesbezüglich vertiefte Abklärungen vorzunehmen? Ist die Regierung bereit zu prüfen, ob ein geeigneter Standort für ein neues Frauenhaus im Kanton Schaffhausen ausfindig gemacht werden kann?
- Vielen Schweizer Frauenhäuser machen Planungs- und Finanzierungsunsicherheiten zu schaffen. Wie gedenkt die Schaffhauser Regierung, im Falle einer Wiedereröffnung eines Frauenhauses, solchen Planungs- und Finanzierungsunsicherheiten entgegenzuwirken? Ist eine Leistungsvereinbarung oder eine Defizitgarantie, die den kantonalen Beitrag an das Frauenhaus Winterthur (30’000 Franken) übersteigt, denkbar?
- Wurden in den letzten Jahren Schaffhauserinnen aufgrund von Überbelastung von Frauenhäusern in Hotels, in nicht-benachbarten Kantonen oder anderen Unterkünften, die nicht die entsprechenden Sicherheitsstandards erfüllen, untergebracht und falls ja, in wie vielen Fällen war das der Fall und wo wurden diese Frauen platziert [nicht die genaue Adresse]? Wie positioniert sich der Regierungsrat dazu und welche (Sofort-)Massnahmen werden ergriffen, um das zukünftig zu verhindern? Ich bitte um eine Aufzählung.
- Seit der Schliessung der Schaffhauser Frauenwohnung werden gewaltbetroffene Frauen im Frauenhaus Winterthur untergebracht. Der Kanton Schaffhausen hat 2023 eine Leistungsvereinbarung mit dem Frauenhaus Winterthur abgeschlossen und bezahlt seither einen jährlichen Betriebsbeitrag von 30’000 Franken. Wie gewährleistet der Kanton Schaffhausen, aktuell und in Zukunft, ein ausreichendes Angebot an Anschlusslösungen für die Gewaltbetroffenen? Welche Anschlusslösungen werden konkret angeboten?
Besten Dank für die Beantwortung meiner Fragen.
Leonie Altorfer
Kantonsrätin JUSO